Das Scheinwiderspruchs-Prinzip

Schneller als ich dachte bin ich an dem Punkt angelangt, an dem ich dem universalen binären Prinzip ein ergänzendes Prinzip zur Seite stellen kann: Ich nenne es das Scheinwiderspruchs-Prinzip. Formal würde ich es folgendermaßen formulieren:

a: |{b: ab}| > |ℕ|:   a ∧ ¬ a = 1

Da ich in meinen Informatikprüfungen mit der formalen Formulierung von intuitiven Sachverhalten selbst immer Schwierigkeiten hatte, will ich den Leser nicht mit dieser Zeile alleine lassen. Natürlich-sprachlich formuliert: Für alle Aussagen a, für die gilt, dass die Menge ihrer Implikationen b1 überabzählbar unendlich ist, gilt, dass die Aussage a nicht im Widerspruch zu ihrem eigenen Gegenteil steht.

Es sei mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, dass es sich um den Versuch handelt, mit Hilfe eines Kunstgriffes aus einem geschlossenen System auszubrechen, so dass die Aussage aus streng formal logischer Sicht natürlich völliger Unsinn ist (es widerspricht dem Axiom „a ∧ ¬ a = 0″). Der Versuch, sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen, der in einem geschlossenen System aufgrund des Gödelschen Unvollständigkeitssatzes scheitern muss, wird von mir dahingehend unternommen, dass ich das System öffne und aus einem mächtigeren System (der natürlichen Sprache) Anleihen mache, um die Grenzen des geschlossenen Systems zu überwinden, ohne es gleich zu den Akten legen zu müssen.

Die Grundbeobachtung, auf der das Scheinwiderspruchs-Prinzip basiert, ist, dass der Mensch sich ständig zur gleichen Zeit in geschlossenen (abzählbar unendlichen) und offenen  (überabzählbar unendlichen) Systemen bewegt. Zwischen diesen Systemen gibt es Überschneidungen (man kann sich z.B. subjektiv mit Objektivem beschäftigen), aber der Zusammenhang ist eher der zweier orthogonaler Dimensionen, die zwar für einen bestimmten Punkt, den man betrachtet, beide gleich relevant sind, aber für sich alleine gesehen voneinander unabhängig sind. Diesem subtilen Zusammenhang wird das binäre Prinzip allein, da es ein geschlossenes System darstellt, nicht gerecht.

Hier eine assoziative, vorläufige Stoffsammlung von Fragestellungen, die, betrachtet unter dem Scheinwiderspruchs-Prinzip, zu erstaunlichen Erkenntnissen führen und manche schmerzende Schwarz-Weiß-Einteilung der Welt vielleicht sprengen könnten.

abzählbar überabzählbar
geschlossenes System offenes System
formale Sprachen natürliche (menschliche) Sprache
Zeitfluss Ewigkeit
Computer Mensch
Mensch Gott
Karl Popper Paul Feyerabend
Rationalismus Postmoderne
Christentum Judentum
Wissenschaft Religion und Esoterik
Recht Gerechtigkeit
Sicherheit Freiheit
Erwachsene Kinder

Wichtig ist, die beiden Kategorien abzählbar und überabzählbar wertfrei zu betrachten. Ob also ein Begriff links oder rechts steht, sagt nichts über richtig und falsch aus. Es ist vielmehr so, dass die größten Stärken einer Sache immer auch die größten Schwächen sind. Ein geschlossenes System hat also Vor- und Nachteile, ebenso wie ein offenes. Problematisch werden die Begriffe, wenn sie isoliert und kontextfrei betrachtet werden. Bringt man aber offenes und geschlossenes System zusammen, so können sich Vor- und Nachteile gegenseitig aufwiegen und es entsteht ein vollständiges Bild.

Die vorgenommene Einteilung ist übrigens Ergebnis eines zunächst sehr kreativen Prozesses, dass ich nicht behaupten könnte, alles genau durchdacht zu haben.

Die genauere Erläuterung der einzelnen Paare wird dann zentraler Gegenstand folgender Blogbeiträge sein. Der interessierte Leser darf natürlich seine Vorlieben bekunden, so dass ich meine Priorisierung daran orientieren kann.

Update (17.08.10):
Nach mehreren Anläufen von Jörg und David habe ich verstanden, dass die von mir definierte Menge der Implikationen nicht sinnvoll ist, weil sie alle wahren Aussagen b enthält. Denn wenn b wahr ist, ist auch ab wahr.

Noch nicht klar ist mir, welche Auswirkungen die Tatsache hat, dass es Aussagen gibt, die man zwar implizit formulieren kann (z.B. „Zahl x ist eine reelle Zahl“), die aber nicht explizit ausformuliert werden können (es können nur abzählbar viele Aussagen explizit ausformuliert werden, das vorhergehende Beispiel führt aber durch die Verknüpfung mit den reellen Zahlen zu überabzählbar vielen Aussagen).


Fußnoten:

  1. Eine Implikation „ab“ wird gelesen „aus a folgt b„. Die Aussage b ist also eine Konsequenz aus Aussage a.
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18 Kommentare zu Das Scheinwiderspruchs-Prinzip

  1. Baruch sagt:

    Ich wäre Dir dankbar, wenn Du anhand eines Paares, wie z.B. Computer/Mensch Deine Betrachtung notieren würdest.
    Grundsätzlich bin ich von der Möglichleit fasziniert, die durch Deinen Ansatz u.U. sich auftut. Die jüd. Tradition betrachtet die Schöpfung zu gleichen Zeit Dual als auch offen. Die Grenzen der Schöpfung sind determeniert durch das Ursache und Wirkung Prinzip. Wo keine Ursache ist, da kann es keine Reaktion geben. Damit ist eigentlich ein geschlossenes System beschrieben (bitte korregiere mich), es ist abzählbar. Man findet dieses Prinzip im Schöpfungsbericht angewendet, da G-TT 9 Mal sagte „Es werde“ und es folgte „es ward“ und danach folgte, dass es „gut ist“. Beim 10. Mal allerdings sagte Er „sehr gut“. Man fragt sich, was ist dieses „Sehr“ zu bedeuten hat. Eine der Antworten ist, dass es der Schöpferische Mensch ist, in dem eine Kraft angelegt ist, die es dem Adam ermöglicht, über dieses System zu wachsen – ein offenes System?
    Was ist das für eine Kraft? 1. Es ist die Sprache, 2. Es ist die Fähigkeit des Menschen, Bedeutungskriterien festzulegen, die seinen natürlichen Bedürfnissen übergeordnet sind, also Moral und Ethik z.B.
    Die Dualität des Menschen besteht im Körper und der Seele. Der Körper gehorcht dem „Abzählbaren“, die Seele dem „Überzählbaren“. Währdend der Körper ohne die Seele totes Fleisch ist, kann die Seele ohne den Körper nichts tun. Beide tragen also Verantwortung für einander. Aus diesem Blickwinkel kann man versuchen Deinen Ansatz nutzen, um eine formale Beschreibung (Mathe) zu finden für etwas, was bis jetzt „formal“ nur innerhalb einer kleinen Gruppe von Thoraspezialisten möglich war.

    Bin sehr gespannt!

    Dein Baruch

  2. Jörg sagt:

    a => b ist äquivalent zu Nicht-a oder b. Dh nach obigem Prinzip dass für alle falschen a (da dann Nicht-a wahr und b irrelevant) Nicht-a und a gelten soll. Das ist doch aber offensichtlich nicht gegeben, oder? „Ein Kreis ist eckig“ kann ich beliebig viele Aussagen „x ist eine reele Zahl“ zuordnen, die jeweils eine wahre Implikation darstellen, aber offensichtlich ist ein Kreis nicht sowohl eckig als auch nicht-eckig. Ich bräuchte wahrscheinlich Beispiele, um (hoffentlich) zu verstehen, was zu sagen willst. Aber selbst dann gilt doch bei einer solch formalen Formulierung, dass 1 Gegenbeispiel das ganze Prinzip in der vorliegenden Form widerlegt, oder?

  3. David sagt:

    Wenn man Deine Formel streng logisch betrachtet, folgt aus der Tatsache, dass „a ∧ ¬ a = 0“ (und 0 ≠ 1) ist, dass sie gleichwertig ist zu „∀ a: |{b: a ⇒ b}| ≤ |ℕ|“, also bedeutet sie nichts anderes, als dass für alle Aussagen die Zahl ihrer Implikationen höchstens abzählbar unendlich ist. Aber das ist vermutlich nicht, was Du sagen wolltest?
    Du müsstest m.E. auch erst mal genau definieren, was Du als den Raum der möglichen Aussagen (von dem dann die Kardinalität bestimmt werden kann) siehst. Auch ist mir aus Deiner Beschreibung nicht klar geworden, was Du mit der Formel (philosophisch gesehen) bezwecken wolltest.

  4. Immanuel sagt:

    Lieber Baruch,

    ich wusste, dass ich in meiner Liste etwas vergessen hatte: Leib und Seele sind ein Paradebeispiel für die Erklärungsmöglichkeiten, die sich aus abzählbarer und überabzählbarer Unendlichkeit ergeben. Die Liste ist meines Erachtens übrigens unendlich fortsetzbar (ob abzählbar oder überabzählbar weiß ich noch nicht). Determinismus und Nicht-Determinismus ist z.B. ein weiteres Beispiel.

    Du hast glaube ich vollkommen verstanden, was ich meine. Meine Vision in diesem Ansatz: Es ist glaube ich möglich zu zeigen, dass jedes geschlossene System eine Tür besitzt, die einen Übergang in das eine, offene System darstellt. Und dieses offene System umfasst alle nur denkbaren geschlossenen Systeme.

    Plötzlich sehe ich, dass geschlossene Systeme nicht von ihrer Natur her totalitär sein müssen (was ich bisher dachte). Das werden sie nur, wenn man die Tür in das offene System zuschließt. Um es mit einer biblischen Assoziation auszudrücken (Matthäus 23, 13):

    Wehe aber euch, Schriftgelehrten und Pharisäer, Heuchler! Denn ihr verschließet das Reich der Himmel vor den Menschen; denn ihr gehet nicht hinein, noch laßt ihr die Hineingehenden eingehen.

    Die hier von Jesus Angesprochenen sind diejenigen, die versucht haben, das zugleich offene und geschlossene System des Judentums in ein ausschließlich geschlossenes und damit totalitäres System zu verwandeln. Jesus repräsentiert meiner Meinung nach den offenen Aspekt des Judentums, aber den einen Aspekt zum Ganzen zu machen (auch wenn es der offene ist), führt nur wieder zu einem ausschließlich geschlossenen System (das Christentum).

  5. Immanuel sagt:

    Hervorragende Frage, das war mir tatsächlich nicht bewusst. Leider muss ich jetzt in die Arbeit und ein wenig Geld verdienen, aber ich kann es kaum erwarten, deine Frage zu beantworten.

  6. Immanuel sagt:

    @Jörg, @David: Gut, dass mir jemand auf die Finger schaut, denn nur so kann ich meine Gedanken weiterentwickeln. Bevor ich auf eure Fragen bezüglich meines Formelversuchs antworte, möchte ich zunächst mein Ziel damit versuchen offenzulegen:

    Gödel hat bewiesen (was intuitiv jedes Kind weiß), dass man sich nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen kann. Für ein formales System bedeutet das, dass es entweder sich selbst nicht beweisen oder widerlegen kann, oder aber widersprüchlich ist. Dieser Satz kann meines Erachtens auf alle abgeschlossenen Systeme angewendet werden, die wir kennen (warum das Christentum oder die Wissenschaft da eine Ausnahme machen sollte, würde mich sehr interessieren).

    Die doppelte Natur der Zahl (diskret als auch kontinuierlich) zeigt, dass etwas, das 0-dimensional ist, die 1-Dimensionalität schon in sich trägt. Auch hier glaube ich, dass sich dieser Sachverhalt verallgemeinern lässt. Das würde bedeuten, dass man sich zwar nicht an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen kann, aber dass der Sumpf und die eigenen Haare einen widerspruchsfrei zu dem Schluss kommen lassen können, dass es außerhalb des Sumpfes etwas geben muss, das in der Lage ist, mich aus dem Sumpf zu ziehen, weil es mich und den Sumpf enthält (ein offenes System). Diesen Sachverhalt möchte ich gerne formal belegen.

    @Jörg: Du hast gesehen, dass durch Einsetzen einer unwahren Aussage die entstehende Implikationsmenge alle Aussagen umfasst, da aus einer logisch falschen Aussage jede beliebige Aussage folgt. Die Menge aller logischen Aussagen ist aber abzählbar unendlich, da ich jede Aussage als eine Reihenfolge von Bits darstellen kann, die wiederum genau einer natürlichen Zahl entsprechen. Damit wäre |{b: a ⇒ b}| ≤ |ℕ|, und mein Versuch, mich an meinen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen wäre gescheitert: Es gibt dann keinen Grund anzunehmen, dass die bestehenden Gesetze aufgehoben werden können. Meinen Versuch, etwas außerhalb des Sumpfes abzuleiten, habe ich zwar entsprechend der erlaubten Regeln durchgeführt und nicht widersprüchlich, habe aber keine neuen Erkenntnisse gewonnen (entsprechend Gödels Vorhersage). Meine Formel ist also für falsche Aussagen brotlose Kunst, aber für wahre Aussagen könnte sie ja vielleicht doch etwas taugen.

    @David: Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe, aber ich glaube du hast meine Formel von hinten nach vorne interpretiert: Ich meinte, dass eine überabzählbare Implikationsmenge den Widerspruch zwischen einer Aussage und ihrer Negation aufheben würde. Du hast wohl verstanden hast, dass wenn zwischen einer Aussage und ihrer Negation ein Widerspruch besteht, dass dann die Implikationsmenge höchstens abzählbar unendlich ist. Die Tatsache, dass die Aussage, die du verstanden hast, richtig ist und als Umkehrung zwingend aus meiner Aussage folgt, beweist, dass meine Aussage zumindest widerspruchsfrei ist: Denn wäre sie ein Widerspruch, könnte man alle Aussagen daraus ableiten, nicht nur eine richtige.

    Soweit kann ich also festhalten, dass die Widersprüchlichkeit meiner Aussage noch nicht gezeigt wurde, ich aber noch deren Sinnhaftigkeit zu belegen schuldig bin. Dazu werde ich zeigen müssen, dass die Bedingung |{b: a ⇒ b}| > |ℕ| im Rahmen der Aussagenlogik überhaupt erfüllt werden kann. Das bedeutet also, dass ich zeigen muss, dass es in der abzählbar unendlichen Menge der Aussagen zumindest eine Aussage gibt, die überabzählbar viele Implikationen nach sich zieht, und damit auf eine Aussage schließen lässt, die nicht mehr im System selber liegen kann. Dann könnte ich doch noch aus dem Sumpf gezogen werden und hätte folgenden Vers in Prediger 3, 11 formal-logisch bewiesen (Schlachter-Übersetzung):

    Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch die Ewigkeit hat er in ihr Herz gelegt, da sonst der Mensch das Werk, welches Gott getan hat, nicht von Anfang bis zu Ende herausfinden könnte.

  7. Jörg sagt:

    Mir würde zunächst mal eine Definition von geschlossenem System und inwiefern das Christentum ein solches ist helfen. Erstens bin ich (und wahrscheinlich die meisten potentiellen Leser und Bei-Träger) weder in dieser Fachsprache zuhause noch in deren Übertragung auf Sachverhalte, für die sie nicht konzipiert wurde. Dir mag das vielleicht helfen, weil du darin „lebst“ und denkst und man in seiner Herzenssprache am besten versuchen kann, Dinge für sich rational zu rekonstruieren, aber wenn das „für sich“ auch intersubjektiv plausibilisiert werden soll (was zu jedem ehrlichen Diskurs gehört), dann muss eine Sprachebene erreicht werden, die der andere versteht. Vielleicht ein „Glossar“ zu deinem Blog?

    Du willst obigen Sachverhalt formal belegen – bedeutet das nicht, dass du deinerseits ein formales System formulieren willst? Du willst die von Gödel bewiesenen Schranken eines formalen Systems durch ein formales Meta-System sprengen? Aber selbst, wenn das ginge – stünde dann nicht dieses Meta-System unter demselben Malus, widersprüchlich sein zu müssen oder einen externen/transzendenten Beweis zu benötigen nach Gödel?

    Wenn man Gödel rational so rekonstruieren kann, dass ein formales System nur immanent sachgemäß fungiert nicht aber transzendental (Ebene der Axiome als Grenze des Systems: „aus sich nicht beweisbar oder widerlegbar“) oder transzend (alles jenseitige: bei Versuch, dies einzuschließen, „in sich Widersprüche“), dann kann es überhaupt über das immanente hinausgehen, oder im Bild: es kann nichts über den Sumpf Hinausgehendes aussagen, ob es darüber hinaus etwas gibt oder (was nicht ausgeschlossen werden kann) nicht. Es kann nur das durch logische Umformulierung explizieren, was in den Axiomen schon implizit vorliegt. Meiner Meinung nach (Gödel hin oder her) ist das eine sachgemäße Beschreibung des menschlichen Denkens und beliebiger daraus konstruierbar Denkgebäude.

    Ich finde es sehr zweifelhaft, der Zahl eine „Natur“ zuzuschreiben. Ich würde dagegen behaupten, dass einer Zahl letztlich keine Wirklichkeit (ontologische Ebene) zukommt außerhalb der mathematischen „Welt“ und damit des menschlichen Denkens. Zahl ist eine Abstraktionsgröße des menschlichen Denkens, mit deren Hilfe er sich der Wirklichkeit annähert (epistemologische Ebene).

    Zudem finde ich es zweifelhaft, der Zahl Kontinuierlichkeit zuzusprechen. Der Begriff der Zahl wurde für und aus der diskreten Ebene entwickelt (Finger, Äpfel,…), in die spekulative mentale Welt der Mathematik aufgenommen und dort im Laufe des Ausbaus dieser nichtwirklichen Welt zweckentfremdet zur Beschreibung eines Kontinuumkonstrukts. Wenn einer Zahl Kontinuierlichkeit zugesprochen wird, dann als kreativer Akt um das Konzept zurechtzubiegen, letztlich eine Hilfshypothese. Allerdings kann ich so oder so nicht sehen, wo bei „1/3“ Kontinuierlichkeit oder Ausdehnung sein soll – es müsste 1 Punkt auf dem Zahlstrahl sein, denn es ist 1 Zahl, aber 1 Punkt gibt’s im Kontinuum nicht. 1/3 deshalb Ausdehnung zuzusprechen wäre vorauszusetzen, was zu beweisen wäre. Das ganze zeigt vielmehr, das die Abstraktion irgendwann anfängt, nicht mehr sachgemäß zu sein.

    Die Menge aller Aussagen, wie ich sie definiert habe, ist überabzählbar unendlich, oder? Wenn ich b defniere als „x ist eine reele Zahl“ und für x jede mögliche reele Zahl einsetze, bekomme ich eine Menge {b} mit ausschließlich wahren Aussagen und der Mächtigkeit der reelen Zahlen. Folglich betrifft mein Einwand auch nicht nur falsche Aussagen a sondern auch wahre Aussagen a, denn dann wäre „Nicht-a oder b“ bei so definierten b immer wahr, sodass eine wahre Implikation vorläge. Bei so einer Definition von b würde jede beliebige Aussage a die Implikationsforderung erfüllen und durch ein Gegenbeispiel (wie gegeben oder leicht zu konstruieren) wäre das ganze in der vorliegenden Form widerlegt. In jedem Fall, wie schon David sagte, musst du definieren, aus welcher Menge a und b stammen sollen.

    Woher stammt übrigens das Wissen/die Prädikation „wahr“ oder „falsch“ – ist das nicht schon ein Rückgriff auf Transzendenz?

    Wenn du a und Nicht-a = 1 als These beweisen willst, setzt das eine nicht-zweiwertige Logik voraus, da dies in zweiwertiger Logik falsch ist. Allerdings verwendest du bei der Prämisse zweiwertige Logik (Implikation). Ist das nicht inkonsistent.

  8. Immanuel sagt:

    die spekulative mentale Welt der Mathematik

    Rein sprachlich könnte man folgern, dass du sagst, dass so wie die Seele die mentale Welt im Gegensatz zur materiellen Welt des Körpers darstellt, die Mathematik die mentale Welt für die gesamte materielle Welt ist. Aber ich nehme an, dass das nicht deine Absicht war, oder?

    Die Menge aller Aussagen, wie ich sie definiert habe, ist überabzählbar unendlich, oder? Wenn ich b defniere als “x ist eine reele Zahl” und für x jede mögliche reele Zahl einsetze, bekomme ich eine Menge {b} mit ausschließlich wahren Aussagen und der Mächtigkeit der reelen Zahlen.

    Die Menge aller explizit formulierbarer Aussagen ist abzählbar unendlich (kann in Bits und Bytes dargestellt werden). Die Menge aller denkbarer (oder implizit formulierbarer) Aussagen ist überabzählbar unendlich. Die von dir angeführte Menge {b} gehört zur Menge der denkbaren Aussagen, die dazugehörigen explizit formulierten Aussagen enthalten aber die reellen Zahlen, die aber selbst schon nicht mehr explizit formuliert werden können. Genau diesen subtilen Unterschied zwischen explizit ausformulierbar und denkbar (abzählbar und überabzählbar) versuche ich die ganze Zeit zu verdeutlichen. Danke für diese hervorragende Flanke!

    Woher stammt übrigens das Wissen/die Prädikation “wahr” oder “falsch” – ist das nicht schon ein Rückgriff auf Transzendenz?

    „wahr“ und „falsch“ sind zunächst nur Symbole, weswegen sie ohne eine Wesensänderung in „0“ und „1“ übersetzt werden können. Wenn die Zahlen nicht wesensmäßig mit der Welt verbunden sind (also nicht-transzendent sind), so trifft auf „wahr“ und „falsch“ gleiches zu. Das gilt natürlich auch anders herum. Deshalb meine Frage zurück an dich: Ist das nicht schon ein Rückgriff auf Transzendenz?

    Wenn du a und Nicht-a = 1 als These beweisen willst, setzt das eine nicht-zweiwertige Logik voraus, da dies in zweiwertiger Logik falsch ist. Allerdings verwendest du bei der Prämisse zweiwertige Logik (Implikation). Ist das nicht inkonsistent.

    Ich habe in mathematischer Hinsicht bisher noch keine Aussage getroffen, die erkennbar im Widerspruch steht zu dem, was ich im Studium gelernt habe (meine Scheinwiderspruchs-Prinzip ist formal-logisch nicht falsch, aber aus klassischer mathematischer Perspektive einfach nur nutzlos). Die Überabzählbarkeit hätte ich mir vermutlich selber nie ausgedacht, aber sie ist seit langem allgemein bekannt und ein wichtiges Werkzeug für viele darauf basierende Erkenntnisse in der Mathematik. Würde man sie aus der Mathematik streichen, könnten wir die Komplexitätstheorie gleich mit einstampfen. Wo also genau siehst du die Inkonsistenz?

  9. Jörg sagt:

    Zur ersten Frage: „Welt“ habe ich uneigentlich gebraucht. Mathematik ist nicht die Wirklichkeit sondern Spekulation, existiert nur in unserem Hirn (deshalb mentale Welt), ich hätte auch virtuelle Welt sagen können

    Zur zweiten Frage: du setzt in deiner Antwort überabzählbar mit denkbar gleich. Das heißt, in der von dir formulierten These ist überabzählbares {b} genau von dem Charakter, wie meine Menge {b}. Aber die von mir so definierte Menge führt dazu, dass für alle möglichen a (egal ob wahr oder nicht wahr) deine These gelten müsste, was doch nicht der Fall ist, was eine Widerlegung darstellen würde. Das war meine Rückfrage, auf die du gar nicht eingegangen bist.

    zu 3.: 1 und 0 sind symbole, wahr und falsch dagegen sind Worte (und damit Referenten auf die Wirklichkeitsebene) mit klarer Bedeutungsdefinition (übereinstimmen mit der Wirklichkeit/zutreffen, oder eben nicht), die in diesem Fall in Fach- und Normalsprache identisch ist. Dass Mathematik dienlich ist zur Beschreibung der Realität streite ich keineswegs ab, aber sie konstituiert keine Wirklichkeit – nur weil etwas mathematisch deduzierbar ist, muss es noch lange nicht wirklich sein. Was ich mit meiner Rückfrage meinte: Indem die Konzepte wahr und falsch Teil deines formalen Systems wie jedes formalen Systems sind aber nicht aus dem demselben deduzierbar sind, liegt in deren Verwendung schon eine gewisse Öffnung nach außen hin vor. Ein System, das mit wahr und falsch opieriert, impliziert ein Meta-System. Das war mein Gedanke.

    zu 4.: Die Inkonsistenz liegt darin, dass deine Prämisse (gegeben sei: alle a, für die gilt: überabzählbare Implikationsmenge) zweiwertige Logik voraussetzt, da der Implikationsbegriff durch zweiwertige Logik konstituiert ist (Nicht-a oder b), die von dir gegebene These (zu zeigen: a und nicht a gilt) dagegen jenseits der zweiwertigen Logik angesiedelt ist. Ein Beweis ist jedoch nichts anderes als zu zeigen, dass eine These letztlich schon in der Prämisse implizit gegeben ist. Dann aber müsstest du in deiner Beweisführung einen sprung von zweiwertiger auf mehrwertige Logik vollziehen, oder? Du müsstest also meiner Meinung nach schon in der Prämisse von mehrwertiger Logik (oder zumindest: nicht der zweiwertigen Logik) ausgehen, dh insbesondere einen Implikationsbegriff der mehrwertigen Logik verwenden. Weißt du was ich meine? Ich befürchte, dass ansonsten alle deine Bemühungen schon rein formal ins Leere laufen.

  10. Immanuel sagt:

    zu 2.: Ich verstehe nicht ganz, warum aufgrund deiner Menge {b} für alle Aussagen a meine These gelten müsste. Es gilt nur für die Aussagen a, deren Implikationen die überabzählbare Menge {b} enthalten. Und das ist sicherlich nicht für alle Aussagen a der Fall.

    Wir können das Beispiel aber gerne weiter durchdenken: Die Aussage a, die deine Menge {b} impliziert, ist die Aussage: für jede reelle Zahl x kann die Aussage „x ist eine reelle Zahl“ formuliert werden. Damit würde meiner Formel nach für diese spezielle Aussage a eines der logischen Gesetze ausgeschaltet werden, und a könnte gleichzeitig mit ¬a gelten, ohne dass ein Widerspruch entsteht.
    Das folgt auch schon daraus, dass die Rechenregeln der Logik ohnehin nur auf endlich abzählbar viele Aussagen angewendet werden kann (also denjenigen, die explizit formuliert/geschrieben werden können). In einer überabzählbar unendlichen Menge von Aussagen sind also unendlich viele Aussagen enthalten, die nicht explizit formuliert und aufgeschrieben werden können, und auf die deshalb auch nicht die Rechenregeln der Logik angewendet werden können.
    Was heißt das jetzt für unsere Aussage a? Sie ist wahr und falsch zu gleich: Sie ist wahr, weil tatsächlich für jede reelle Zahl eine entsprechende Aussage denkbar ist, sie ist aber falsch, weil nicht jede dieser Aussagen aufgeschrieben werden kann.

    zu 3.: Wenn ich sage, ich benutze nicht mehr die Worte „falsch“ und „wahr“ für meine Logik, um explizit den Bezug zur Wirklichkeitsebene zu lösen, sondern benutze nur noch 0 und 1, impliziere ich dann deiner Meinung nach immer noch ein Meta-System?

    zu 4.: Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Meiner Meinung nach gehe ich aber schon in der Prämisse über die Grenzen der booleschen Algebra hinaus, weil ich von der Existenz von überabzählbar vielen Aussagen ausgehe, obwohl nur abzählbar viele Aussagen innerhalb der booleschen Algebra ausgedrückt werden können. Insofern ist meine Prämisse auf der gleichen Ebene angesiedelt wie meine These: außerhalb der booleschen Algebra. Die entscheidende Frage ist: Kann diese Prämisse überhaupt erfüllt werden? Und du hast dafür ein sehr gutes Beispiel geliefert.

  11. David sagt:

    Hallo Immanuel, danke für Deine prompten konstruktiven Antworten!
    Jörg liefert eine gute Idee, Deine Formel speziell für a = 0 (also falsches a) zu betrachten. Das an sich ergibt erst mal nicht direkt ein „Gegenbeispiel“, wie er am 11. August schrieb, sondern die Aussage, dass die Implikationen einer falschen Aussage höchstens abzählbar unendlich ist. Und nachdem man aus etwas Falschem alles schließen kann, wie Ihr beide richtig bemerkt, folgt daraus, dass es nach Deiner Formel überhaupt höchstens abzählbar viele Aussagen geben kann.
    Das wiederum ist konsistent mit Deiner Behauptung: „Die Menge aller logischen Aussagen ist aber abzählbar unendlich“. Und für alle anderen (also nicht falschen) Aussagen a kann demnach die Menge ihrer Implikationen nicht größer als abzählbar unendlich sein sein; mehr sagt Deine Formel rein logisch gesehen schlichtweg nicht aus.

    Du schreibst:
    Soweit kann ich also festhalten, dass die Widersprüchlichkeit meiner Aussage noch nicht gezeigt wurde, ich aber noch deren Sinnhaftigkeit zu belegen schuldig bin. Dazu werde ich zeigen müssen, dass die Bedingung |{b: a ⇒ b}| > |ℕ| im Rahmen der Aussagenlogik überhaupt erfüllt werden kann. Das bedeutet also, dass ich zeigen muss, dass es in der abzählbar unendlichen Menge der Aussagen zumindest eine Aussage gibt, die überabzählbar viele Implikationen nach sich zieht, und damit auf eine Aussage schließen lässt, die nicht mehr im System selber liegen kann.

    Deine mit der Formel gemachte ‚Aussage‘ ist falsch (sie ist zwar nicht in sich widersprüchlich, aber sie scheitert an der mathematischen Realität, nämlich dass es überabzählbar viele reelle Zahlen gibt), wie Jörg am 13. August sehr schön konstruktiv gezeigt hat. Daher ist es müßig, sich über ihre Implikationen/Sinnhaftigkeit Gedanken zu machen.

    Ich stimme Jörgs Kritik und Erklärungen vom 13. und 15. August zu.
    Insbesondere ist korrekt, dass jedes Element seiner Menge {b} aus jeder Aussage a folgt. Das gilt trivialerweise, weil jede Aussage aus {b},
    z.B. „3 ist eine reelle Zahl“ immer gültig ist, und damit aus beliebigem a folgen. Damit hast Du in Deinem erstem Absatz „zu 2.“ vom 15. August nicht Recht. Andererseits stimmt, dass man (wie in Deinem ersten Beitrag vom 15. August) erwähnt, dass man zwischen implizit und explizit formulierbaren Aussagen differenzieren kann, und dass gilt: Die Menge aller explizit formulierbarer Aussagen ist abzählbar unendlich […]. Die Menge aller denkbarer (oder implizit formulierbarer) Aussagen ist überabzählbar unendlich. Du hättest besser gleich bei der Einführung Deiner Formel klargestellt, welche Art von Aussagen Du meinst, das hätte einige Verwirrung und Nachfragen von Jörg und mir erspart.

    Überhaupt halte ich es schon aus zwei praktischen Gründen für wenig hilfreich, mittels formaler Logik Philosophie zu betreiben: Logische Formeln erwecken meist zu Unrecht den Eindruck großer Präzision, weil die wenigsten Menschen mit Logik einigermaßen fehlerfrei umgehen können, und weil Prädikate, die in den Formeln verwendet werden und den Bezug zur Realität herstellen (Jörg nennt diese Prädikate „Worte“ mit der Funktion „Referenten auf die Wirklichkeitsebene“, wie z.B. „Fläche A ist blau“, oder „die Aussage a hat x Implikationen“), oft gar nicht wirklich präzise definiert sind. Logik funktioniert am Besten in Computern, denn die machen (wenn sie richtig programmiert sind) keine Fehler, und die Prädikate, mit denen sie dabei hantieren, haben keine echte Semantik (sondern sind aus Computer-„Sicht“ nur Symbole/Terme). Besonders haarig wird es, wenn selbst die Semantik der logischen Operatoren wie der Implikation unklar sind. Spätestens hier geht die ganze Geschichte den Bach runter 🙁

    Wenn Du trotzdem ernsthaft über und mit Hilfe von Logik philosophieren willst, würde ich empfehlen, explizit den Begriff der Gültigkeit von Aussagen relativ zu Modellen zu verwenden. Damit kann man ausdrücken, dass gewisse Aussagen P in gewissen Modellen M (un-)gültig („wahr“ bzw. „falsch“ sind) – etwa im Gegensatz zum Begriff der Ableitbarkeit von P, die (in bestimmten deduktiven Systemen, nämlich bzgl. M unvollständigen Kalkülen) selbst dann nicht gegeben sein muss, wenn P in M gilt.

    Dann bleibt aber immer noch die sehr grundsätzliche Kritik von Jörg, die ich teile: Du willst obigen Sachverhalt formal belegen – bedeutet das nicht, dass du deinerseits ein formales System formulieren willst? Du willst die von Gödel bewiesenen Schranken eines formalen Systems durch ein formales Meta-System sprengen? Aber selbst, wenn das ginge – stünde dann nicht dieses Meta-System unter demselben Malus, widersprüchlich sein zu müssen oder einen externen/transzendenten Beweis zu benötigen nach Gödel?

    Als Logiker denke ich, dass es nicht möglich ist, auf logischem Wege von „geschlossenen“ in „offene“ Systeme vorzudringen, und als Christ glaube ich, dass dies auch nicht nötig ist, denn Gott ist der Ursprung von beiden und hat jedem Menschen beides schon in die Wiege gelegt, wie auch Dein schönes Zitat von Prediger 3,11 besagt.
    Mit anderen Worten: wir denken als Menschen bereits in „offenen“ Systemen und können uns damit schon in beiden bewegen, insbesondere nette gedankliche Klimmzüge bzgl. „geschlossenen“ Systemen machen 😉

    Übrigens ist es einfach falsch, das Christentum als „geschlossenes“ System zu klassifizieren. Es ist (nicht zuletzt als strikte Obermenge des Judentums) mindestens so mächtig wie das Judentum, Religionen, Esoterik und Postmoderne. Ein christlicher Dogmatismus mag ein „geschlossenes“ System sein, aber echtes Christsein, das sich im Wesentlichen durch eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus auszeichnet, ist klar ein „offenes“ System.
    Auch finde ich in dem Zusammenhang sehr gut, was Jörg am 11. August in
    http://www.sein-und-nicht-sein.de/bis-in-die-unendlichkeit/
    zum Thema Transzendenz und Offenbarung schreibt.

    Ich klinke mich jetzt vsl. aus der aktiven Diskussion aus, denn sie kostet mir zu viel Zeit. Lieben Gruß, und Gottes Segen, David

  12. Immanuel sagt:

    @David: Ach jetzt verstehe ich, was ihr meint (bin manchmal ein bisschen langsam): Die von mir definierte Implikationsmenge enthält alle wahren Aussagen eines Systems, weil so, wie aus einem Widerspruch jede Aussage folgt (ob wahr oder falsch), so kann aus jeder Aussage (ob wahr oder falsch) eine richtige Aussage folgen. Damit hat mich mein intuitives Verständnis einer Implikation als Ableitung (die eine Richtung enthält) aufs Glatteis geführt. Danke für die Richtigstellung!

    Jetzt mal meine Frage an den Logiker: Was für Konsequenzen hat es für die Logik, wenn es implizite formulierte Aussagen gibt, die nicht explizit ausformulierbar sind (weil ihre Menge überabzählbar unendlich ist)? Gelten dann auf diesen nicht explizit ausformulierbaren Aussagen noch die Gesetze der Logik?

    Übrigens ist es einfach falsch, das Christentum als “geschlossenes” System zu klassifizieren. Es ist (nicht zuletzt als strikte Obermenge des Judentums) mindestens so mächtig wie das Judentum, Religionen, Esoterik und Postmoderne.

    Dein „einfach falsch“ scheint anzudeuten, dass du deine Aussage nicht nur innerhalb irgend eines Systems machst, sondern etwas über die Wirklichkeit an sich sagen möchtest. Deiner Aussage nach sind dann (rein logisch) alle Juden zugleich Christen, weil ja das Judentum eine Teilmenge des Christentums ist. Handelt es sich bei deiner Aussage um ein Axiom des Christentums, oder um eine Aussage, die aus den Axiomen des Christentums abgeleitet wird? Und wenn es ein Axiom ist, hat es sich das Christentum dann einfach gegeben, oder kann es das aus der Wirklichkeit ableiten?

  13. David sagt:

    @Immanuel: Okay, jetzt melde ich mich doch nochmal kurz.

    Du schreibst: Damit hat mich mein intuitives Verständnis einer Implikation als Ableitung (die eine Richtung enthält) aufs Glatteis geführt. Danke für die Richtigstellung!
    Bitteschön!

    Du schreibst: Jetzt mal meine Frage an den Logiker: Was für Konsequenzen hat es für die Logik, wenn es implizite formulierte Aussagen gibt, die nicht explizit ausformulierbar sind (weil ihre Menge überabzählbar unendlich ist)? Gelten dann auf diesen nicht explizit ausformulierbaren Aussagen noch die Gesetze der Logik?
    Ich sehe das also genauso wenig als Problem wie in der Mathematik, wo man ja auch mit reellen Zahlen hantiert, von denen man die meisten nicht explizit aufschreiben kann. Wie gesagt, wenn du mit Logik weiterkommen willst, solltest du dich mit dem Begriff der Gültigkeit von Formeln bzgl. math./log. Modellen (in Zeichen: M |= P) befassen, wie sie z.B. in Erläuterung der Begriffe unter dem Schlagwort „Semantik“ definiert wird.

    Ich schrieb: Übrigens ist es einfach falsch, das Christentum als “geschlossenes” System zu klassifizieren. Es ist (nicht zuletzt als strikte Obermenge des Judentums) mindestens so mächtig wie das Judentum, Religionen, Esoterik und Postmoderne.
    Du schreibst: Dein “einfach falsch” scheint anzudeuten, dass du deine Aussage nicht nur innerhalb irgend eines Systems machst, sondern etwas über die Wirklichkeit an sich sagen möchtest.
    So ist es.

    Du schreibst: Deiner Aussage nach sind dann (rein logisch) alle Juden zugleich Christen, weil ja das Judentum eine Teilmenge des Christentums ist.
    So ein Unfug! Sorry, aber solange du so elementare Fehler machst wie hier, nämlich die Richtung der Implikation (bzgl. der Extension) zu verdrehen, ist dieser Blog in meinen Augen Zeitverschwendung.
    Als Lehrsystem betrachtet hat das Christentum gemäß der Bibel mehr Offenbarung als das Judentum. In diesem Sinne ist es eine echte Obermenge und somit jeder Christ ein Jude (bzgl. dem, was er glaubt) aber nicht umgekehrt. Insbesondere wird Jesus von Nazareth von jedem Christen als der im AT angekündigte Messias anerkannt, von einem Juden aber (vorerst) nicht.

    Aber wie gesagt, das Wesentlichere am Glauben ist nicht ein Axiomensystem (Lehrsätze/Dogmatik), sondern die Beziehung zu Gott.
    Und die ist weit jenseits eines „geschlossenen“ Systems (jedenfalls so weit ich deine – immer noch sehr unscharfe – Definition verstehe), und daher solltest du sowohl als Judentum als auch Christentum in deiner Tabelle als „offene“ Systeme führen.

  14. David sagt:

    P.S. Oops, inzwischen sehe ich, dass meine gestrige Aussage bzgl. „Obermenge“ missverständlich war, und das wohl zu deiner von mir angemeckerten Schlussfolgerung Deiner Aussage nach sind dann (rein logisch) alle Juden zugleich Christen, weil ja das Judentum eine Teilmenge des Christentums ist. geführt hat.
    Das „strikte Obermenge des Judentums“ meinte ich in dem Sinne, dass das Christentum um Gegensatz zum AT zusätzlich das NT hat, was logisch/dogmatisch als eine Hinzunahme von Axiomen zu deuten ist. Andererseits wird damit die Zahl der Modelle, die die Axiome erfüllen, kleiner, und somit rein logisch die Menge der Christen eine Teilmenge der Juden.
    Tut mir Leid, dass das wohl zur Verwirrung geführt hat – und wenn das der Fall war, war mein Vorwurf eines elementaren Fehlers unberechtigt!

  15. Jörg sagt:

    @immanuel

    zu 3.: Wenn ich sage, ich benutze nicht mehr die Worte “falsch” und “wahr” für meine Logik, um explizit den Bezug zur Wirklichkeitsebene zu lösen, sondern benutze nur noch 0 und 1, impliziere ich dann deiner Meinung nach immer noch ein Meta-System?

    Ja, weil du die Symbole 0 und 1 ja nicht willkürlich verteilst sondern genau so, wie es die Worte wahr und falsch in ihrer normalen Bedeutung (und damit Wirklichkeitsbezug) festlegen. Ein Ändern von Symbolen ist letztlich keine inhaltliche Änderung – deshalb kann derselbe Sachverhalt (Inhalt und Referenz) ja auch in den unterschiedlichsten Sprachen ausgedrückt werden.

    zu 4.: Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Meiner Meinung nach gehe ich aber schon in der Prämisse über die Grenzen der booleschen Algebra hinaus, weil ich von der Existenz von überabzählbar vielen Aussagen ausgehe, obwohl nur abzählbar viele Aussagen innerhalb der booleschen Algebra ausgedrückt werden können. Insofern ist meine Prämisse auf der gleichen Ebene angesiedelt wie meine These: außerhalb der booleschen Algebra. Die entscheidende Frage ist: Kann diese Prämisse überhaupt erfüllt werden? Und du hast dafür ein sehr gutes Beispiel geliefert.

    Ich kenne mich mit Algebren nicht aus. Aber müsstest du dann nicht irgendwie in der Formel (zB durch genauere Definition der Menge, aus der a und b stammen sollen) klar machen, dass du dich nicht auf die „normale“ Mathematik über dem Körper der reelen Zahlen beziehst sondern auf etwas anderes? Denn für die normale Mathematik ist ja überabzählbarkeit kein Problem. Und dann müsstest du Implikation für eine boolsche Algebra definieren, oder? Sonst erscheint mir die Aussage: „Ich geh ja schon in der Prämise von x aus“ nicht als hinreichende Erklärung sondern Eingeständnis von unsauberer Formulierung. Aber das alles kann wie gesagt auch nur daran liegen, dass ich von Höherer Algebra keine Ahnung habe.

  16. Roderich sagt:

    Zu dem Beitrag von David: man koennte etwas spitzfindig hinzufuegen: in gewisser Weise war aber von vorneherein nur ein Messias der „richtige“, naemlich der, der im Alten Testament verheissen wurde, und der aus christlicher Sicht Jesus Christus war. D.h. die Zahl der moeglichen Modelle, die die Axiome erfuellen, wurde nicht kleiner, sondern war von vorneherein = 1.
    So heisst es auch im Neuen Testament: wer Christus nicht hat, der hat den Vater nicht, d.h. ein Jude, der Jesus Christus nicht hat, kann sich auch nicht darauf berufen, dass er sich an das Alte Testament haelt, da er die Verheissungen, die sich auf Christus beziehen, ja falsch deutet. – Das wuerde ein nicht-messianischer Jude selbstverstaendlich ganz anders sehen.

  17. Immanuel sagt:

    @David

    So ein Unfug! Sorry, aber solange du so elementare Fehler machst wie hier, nämlich die Richtung der Implikation (bzgl. der Extension) zu verdrehen, ist dieser Blog in meinen Augen Zeitverschwendung.

    Du hast ja in deinem nachgeschobenem Kommentar glücklicherweise nochmal die Kurve gekriegt. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass du und Jörg anscheinend dem gleichen Fehler aufgesessen bist wie ich: Eine Richtung in der Implikation ab anzunehmen. Ihr habt zwar die umgekehrte Richtung wie ich angenommen, das perfide ist aber, dass es überhaupt keine Richtung gibt. Legt man a fest, schränkt sich b ein, legt man b fest, schränkt sich a ein. Deshalb ist auch die Prosa-Übersetzung „aus a folgt b“ völlig irreführend, weil eine Richtung suggeriert wird. Hättet ihr nicht den gleichen Fehler wie ich begangen, hätte es nicht solange gedauert, das Missverständnis aufzudecken.

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